For an Swin erschaten

„Cuuuurt.“

Beim Aufreißen der Tür stieß Wilhelm einen Wasserbottich um. Schrill mischte sich der Schreckensschrei der Magd unter sein Gebrüll.

Das Gebrüll eines tödlich getroffenen Tieres.

„Mutter!“ 

Ein Herz, das jetzt nicht stehen blieb, das hatte nie geschlagen.

Die Magd war schon wieder stumm. Unsichtbar. Von irgendwoher hatte sie ein Leinentuch genommen, kniete auf dem Boden und wischte die Wasserlache auf, die sich in Bruchteilen von Sekunden bis zum Herd ausgebreitet hatte.

„Cuuuuuurt!“

Wilhelm taumelte auf den Tisch zu, an dem seine Mutter saß, weiß wie die Wand hinter ihr. Sie schälte Kartoffeln. Mechanisch warf sie die Schalen in einen hölzernen Eimer, der neben ihr auf dem Boden stand. Schweinefutter. Den Blick starr auf ihren Sohn gerichtet, schälte sie und warf.

„Cuuuurt“, schrie Wilhelm.

Seine Hosen waren schlammverschmiert. Schlamm auf den Knien, auf den Schenkeln und auf dem Hemd unter der aufgerissenen Jacke. Als hätte er sich darin gesuhlt. Wie ein Wildschwein. Schlamm im Gesicht und in den Haaren, die wild in alle Richtungen standen. Einen Hut trug er nicht mehr. Schlamm auf den Stiefeln, bis über die Knöchel.

Als sei er darin gewatet.

Wilhelm hielt sich am Tisch fest, ließ Kopf und Oberkörper sinken.

An seinen Händen war Schlamm.

Schlamm und Blut.

Er keuchte, stammelte etwas. Etwas Unverständliches.

„Junge, was hast du denn schon wieder mit diesem unglückseligen … du sollst doch nicht“, sagte die Mutter schwach. Sie schälte und warf die Schalen in den Eimer, zum Schweinefutter.

„Tot“, japste Wilhelm.

Er starrte der Mutter mit wildem Blick direkt in die Augen.

„Du weißt doch das bringt nur Unheil.“

Wilhelm stieß den Tisch mit aller Macht zur Seite. Wie durch ein Wunder berührte er die Mutter dabei nicht. Sie saß immer noch. Kartoffelschälende Mutter in sieben Unterröcken und einer langen, beigefarbenen Schürze aus festem Leinen. Vor dem Nichts. Der Eimer war umgefallen. Lag in den Kartoffelschalen als hätte er sie erbrochen.

„Curt ist tot“, brüllte er, „ er ist tot, Mutter, verstehst du das? Er ist tot, tot, tot, tooooooooot.“

 Wilhelm hatte den Tisch wieder an sich gerissen, ihn zwischen sich und seine kartoffelschälende Mutter gestellt. Er stützte sein gesamtes Gewicht darauf, als wollte er ihn zum Einsturz bringen. Die Oberarmmuskeln traten unter seinem zerrissenen Hemd hervor. Er rüttelte den Tisch im Rhythmus seines Gebrülls, den Kopf nach vorne gestreckt wie ein angreifender Eber. Blau zeichnete sich seine Halsschlagader ab, vom Kragen bis zum Kinn.

Als könnte sie jeden Augenblick zerspringen.

Die Mutter hatte die Hände vors Gesicht geschlagen.

 Auf dem Boden kauerte reglos die Magd. Den Kopf auf den Knien klammerte sie sich an ihren Lappen.

 

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